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Tochterverein der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit gegr. 1789

Des Fischers Gasthaus

oder seine zweite Heimat

Der "Weiße Schwan" ist eines der ältesten Gasthäuser Lübecks. Das Fachwerkhaus steht weit über 300 Jahre am Schlutuper Marktplatz. Zum erstenmal urkundlich benannt wird der "Weiße Schwan" im Jahre 1630.

Über zweihundert Jahre befindet sich diese Gastwirtschaft mit Ausspann im Besitz der Familie Böge. Die Böges sind eine alteingesessene Familie im Ort Schlutup und waren immer Gastwirt und Landwirt zugleich. Oft kommt aus ihren Reihen eine wichtige Person — der Schlutuper Bauernvogt.

Ein Erbhofist der "Weiße Schwan", das heißt: Immer der Erstgeborene, also der älteste Sohn, bekommt das Haus und die dazugehörigen Ländereien des Erbes.  Über viele Jahrzehnte hinweg ist der "Schwan" die einzige Gastwirtschaft in Schlutup und somit auch die Heimstatt der Fischer. Sie trinken hier ihr Bier und auch ihre Versammlungen finden hier statt. In diesem Haus feiert man den Krugtag - ein wichtiges Fest mit großer Tradition!

Die Bauern und Gutsbesitzer aus Mecklenburg legen am Schlutuper Markt eine Pause ein. Der Hausbursche versorgt die Pferde. Die Gäste spülen derweil "den Staub der Landstraße" aus ihren Kehlen. Frisches Brot und eine gute Wurst sind stets vorhanden Auch die ersten Filmvorführungen finden ab 1924 im Saal statt. Zu dieser Zeit hat hier Friedrich Böge als Standesbeamter sein Büro. Der "Weiße Schwan" ist zugleich die Dienststelle vom ersten Post- und Telegraphenamt.

Der Glanz früherer Tage ist verflogen und vom alten "Weißen Schwan"ist nicht mehr viel übrig geblieben. Der Wirtschaftsbereich und der große Saal brennen 1946 völlig aus und werden nicht wieder aufgebaut. Im Jahre 1955 wird das Haus zum ersten Mal verpachtet. Der letzte Pächter war ein Tscheche, Zdenek Rychlikova und seine Frau Lisa. Bis 1982 servieren sie den Schlutupern und auch den ersten Mecklenburgern, die den "Kleinen Grenzverkehr" des noch geteilten Deutschland nutzen, Speisen und Getränke. Sie stehen staunend vor dem Fachwerkhaus, die Rentner aus Mecklenburg, bevor sie zögernd eintreten. Für viele bedeutet ein Besuch im "Weißen Schwan" vielleicht eine Erinnerung an frühere Zeiten, wo die mecklenburgischen Landleute mit ihren Erzeugnissen auf dem Weg nach Lübeck hier Station machten.

Dann war damit Schluss. Der Bierhahn zugedreht und die Türen für immer verschlossen. So ist der einstmals stolze "Weiße Schwan" im Jahre 2004 eine (Teil) Ruine, die unter Denkmalschutz steht, aber dennoch verfällt. Nur ein Wunder kann dieses bemerkenswerte Baudenkmal Schlutups noch retten. Ich fürchte aber, dieses historische Gebäude geht verloren.

Text: Horst P. Schwanke aus seinem Buch - Das Haus der Fischer